„Wir erwecken alte Familienrezepte wieder zum Leben“

Das #TABinterview mit dem Oberlinder Bratwursthäusla

Obwohl die beruflichen Weichen bereits in eine andere Richtung zeigten, führen Thomas und Niklas Dehler mittlerweile erfolgreich die langjährige Familientradition des Fleischerhandwerks von Opa Karl-Heinz fort. Mit viel Liebe zum Produkt, Experimentierfreude und neuen Vertriebswegen besteht man erfolgreich im Wettstreit um die besten Bratwürste der Region Sonneberg. An einem Dienstag mitten in der sommerlichen Kerwa-Zeit (Kirchweih) treffen wir auf Thomas und Niklas Dehler in Arbeitskleidung. Heute wird ausnahmsweise keine Bratwurst hergestellt, sondern Leberwurst und Leberkäse. Im #TABinterview erzählen Vater und Sohn mehr über die Geheimnisse der Wurstherstellung, die Umbaumaßnahmen im eigenen Betrieb und die Bedeutung der familieninternen Nachfolge.

Familie Dehler in ihrem Verkaufsraum

Bratwurst zum Frühstück? In Sonneberg ist das eine jahrzehntealte Tradition. Jeden Freitag gegen halb fünf Uhr morgens wird der Holzkohle-Grill im „Bratwursthäusla“ von Familie Dehler angeschürt, nur kurze Zeit später gehen die ersten braungebrannten Delikatessen an die ungeduldig wartende Kundschaft. Insgesamt rund 1.000 Stück sind es jeden Freitag seit der Eröffnung im Jahr 2017. Das Bratwursthäusla in Sonneberger Ortsteil Oberlind ist mittlerweile eine echte Institution.

Zur Facebookseite des Bratwursthäusla

Herr Dehler, Sie sind eigentlich Bankkaufmann, wie kam es zum Sinneswandel?

Thomas Dehler: Naja, in der Finanzbranche bin ich ja immer noch tätig, aber die Familientradition hat uns zurück in das Fleischerhandwerk geführt. Als wir 2015 die Chance zum Erwerb dieses Hauses hatten, haben wir zugeschlagen. Nur wenig später konnten wir erweitern und parallel machte Niklas die Ausbildung zum Fleischer, dann konnte es richtig losgehen. Dank der Unterstützung meines Vaters Karl-Heinz haben wir den Start vor rund sechs Jahren gut gemeistert.

Musste Sohn Niklas erst überzeugt werden, schließlich hatte auch er sich zunächst für eine andere Ausbildung entschieden?

Thomas Dehler: Das ging damals alles sehr schnell und er hat nicht lange überlegen müssen, nochmal neu durchzustarten. Aber das kann er selbst erzählen, ich muss mal kurz nach der Leberwurst schauen.

Niklas Dehler: Ich habe nach der Schule den Industriekaufmann erfolgreich abgeschlossen, wusste aber recht schnell, dass das Büro und ich keine ideale Kombination sind. Daher habe ich zugesagt, als sich die Chance auf eine Fleischerlehre hier in der Nähe bot. Gleich am ersten Tag merkte ich: Das gefällt mir viel besser als das Büro! Ich hatte dem Opa ja schon früh über die Schulter schauen können, und fand die Idee spannend, die alte Familientradition und die ursprünglichen Rezepte wieder zum Leben erwecken zu können.

Wie ging es dann weiter auf dem Weg zur Nachfolge im Fleischerhandwerk?

Niklas Dehler: Nach der Ausbildung war ich mir sicher, dass mir das liegt und ich hier anknüpfen will. Der Meisterlehrgang war daher die logische Fortführung, auch wenn alles eine Liga über den Anforderungen zur Gesellenprüfung liegt. Fleisch und Wurst herstellen ist ja das eine, aber in der anspruchsvollen Prüfung wird einem auf allen Themengebieten Wissen abverlangt, vom fachgerechten Zuschnitt über die Präsentation der Waren bis hin zum kaufmännischen Teil. Gut, dass ich hier bereits eine kaufmännische Ausbildung in der Tasche hatte, die es mir zumindest hier leichter machte. Im letzten Jahr habe ich die Prüfung bestanden und den Meisterbrief erhalten. Anschließend habe ich dann auch den Meisterbonus und die Meistergründungsprämie der Handwerkskammer erhalten, die uns finanziell unterstützen konnte.

Thomas Dehler: Für die Meistergründungsprämie war es notwendig, dass wir Niklas auch als Gesellschafter in die Firma aufnehmen, um seine Selbständigkeit im Handwerk nachzuweisen. Nachdem wir die Umsatzentwicklung im Frühjahr 2023 beobachtet hatten, gab es auch diesbezüglich keine Gründe mehr, die gegen eine Umstrukturierung sprachen. Niklas hat seit 1. April 2023 nun sozusagen seinen Opa als Gesellschafter abgelöst und führt mit mir gemeinsam die Firma.

Wie lautet das Zwischenfazit nach der Anfangsphase als Jungunternehmer im Fleischerhandwerk?

Niklas Dehler: Ich muss schon sagen, dass es im Vergleich zum Bürojob eine körperlich sehr harte Arbeit ist. Die Zeit vergeht wie im Flug, insbesondere am freitäglichen Bratwursttag kommen wir kaum zum Luft holen. Ich wusste aber von Anfang an, das ist mein Ding, und hier kann ich mich entfalten. Die Arbeitszeiten passen auch, und mit dem neuen Automaten versuche ich momentan neue Vertriebswege zu erschließen. Der Opa hat uns den Weg geebnet, und nun führe ich das Unternehmen gemeinsam mit meinem Vater in eine hoffentlich erfolgversprechende Zukunft.

Thomas Dehler bei der Arbeit

„Bratwurst ist hier sozusagen Frühstücksgeschäft. Kurz nach fünf geht es jeden Freitag los und die ersten Kunden stehen vor der Tür.“

– Thomas Dehler, Bratwursthäusla Sonneberg-Oberlind

(Just in diesem Moment kommt Opa Karl-Heinz um die Ecke gebogen und verkostet fachmännisch die frischen Wurstspezialitäten.)

Karl-Heinz Dehler: Das ist genau richtig abgewürzt, nicht zu scharf und trotzdem schön würzig. Da mache ich mir keine Sorgen.

Thomas Dehler: Die Rezepte meines Vaters sind natürlich viel wert, wir versuchen diese auch immer in gleicher Qualität herzustellen, was mit unserer neuen Technik auch gut klappt. Neben der Bratwurst stellen wir Bock-, Rot oder Leberwurst her, aber auch Schinken und Knacker. Wir probieren mittlerweile auch gern mal was Neues aus, wie die Chili-Cheese-Bratwürste.

Wie kam es zur Idee mit dem Verkaufsautomaten am Bratwursthäusla?

Niklas Dehler: Unsere Öffnungszeiten sind begrenzt, und im Verkaufsraum geht es vor allem freitags sehr eng zu. Der geplante Ausbau dauert leider noch an. Warum nicht mal was Neues ausprobieren, dachten wir uns. Wir haben dann im März 2023 den neuen Automaten aufgestellt und ich habe die technische Betreuung übernommen. Mein Handy ist gleichzeitig die Kunden-Hotline, wenn er mal nicht funktioniert. Anfangs war ich ständig vor Ort, aber mittlerweile haben wir den Dreh mit der Technik raus und die Umsätze übertreffen unsere Erwartungen. Weitere Automaten sind angedacht, da gibt es noch viel Potential. Ein Automat kann 24 Stunden an sieben Tagen die Woche verkaufen, das ist natürlich für uns eine gute Chance.

Das klingt nach einer Erfolgsgeschichte, welche Projekte stehen denn als nächstes an?

Thomas Dehler: Hier ist ja schon viel passiert, aber wie man sieht, gibt es im Obergeschoss des Hauses noch Umbaubedarf. In der unteren Etage haben wir auch dank der Förderung über die Thüringer Aufbaubank im Programm Thüringen Invest fast alles erneuert und nach geltenden Hygienestandards einer modernen Fleischerei errichtet. Zur technischen Ausstattung zählen nun auch zwei neue Kühlzellen. Die Umbaupläne für den Rest des Hauses liegen schon in der Schublade, und auch für die Erweiterung des Verkaufsbereiches haben wir innen und außen schon verschiedene Ideen. Doch die starken Preissteigerungen im Baubereich machen das ganze schwierig kalkulierbar. Da ist der Verkaufsautomat im Moment eine vielversprechende neue Verkaufsvariante.

Niklas Dehler: Ich habe mich mal im Umfeld umgeschaut und einige vielversprechende Plätze für weitere Automaten gefunden. Auf jeden Fall kommt hier ans Bratwursthäusla noch ein weiterer Automat.

Blick hinter die Kulissen im Sonneberger Bratwursthäusla

#TAB-Interview-Bratwursthäusla

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Der Absatz vom Bratwursthäusla findet also in erster Linie in der Region statt?

Thomas Dehler: Zur Nutzung weiterer Vertriebskanäle fehlen neben den baulichen Erweiterungen noch andere Anforderungen. Für langfristige Lieferverträge benötigen wir zum Beispiel eine EU-Zulassung. Dann wären wir flexibler und könnten auch mehr Ware für weitere Kanäle wie einen Onlineshop oder verschiedene Supermärkte außerhalb der Region anbieten. Wir dürfen aktuell nur eine begrenzte Menge der Ware an Gewerbetreibende verkaufen und das auch nur in einem eingeschränkten Radius. Aus Marketingsicht ist natürlich vor allem eines wichtig: Der Name Bratwurst. Sobald die als Roster verkauft wird, haben wir Sonneberger ein Problem (lacht).

Sie grillen die Bratwurst noch ganz klassisch auf Holzkohle. Wie lang braucht es denn, bis die 1.000 Stück am Freitag über den Ladentisch gegangen sind?

Thomas Dehler: An einem typischen Freitag wie letzte Woche wird der Rost gegen halb fünf morgens angezündet. Bratwurst ist hier sozusagen unser Frühstücksgeschäft. Kurz nach fünf geht es los und die ersten Kunden stehen vor der Tür. Die Schlange wird dann länger und länger und reicht bis über die Straße. Bis halb elf sind die ersten 1.000 Stück dann über den Tresen gegangen, wir haben aber bis 14 Uhr geöffnet. Meine Philosophie ist: Bis 14 Uhr erhält garantiert jeder seine Bratwurst, auch wenn ich dafür den Grill nochmal anschmeißen muss! Alles was übrig bleibt, wird vakuumiert und landet zum Beispiel im Automaten. Auch die vorgegrillte Wurst ist hier ein Renner.

Wir bedanken uns für das spannende Interview und wünschen Ihnen weiter viel Erfolg mit dem Bratwursthäusla!

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