Seit der Wende hat die Stadt Ruhla den Wandel von der Industrie- zur Tourismusstadt vollzogen. Die Kommune hat viele geförderte Projekte für Freizeit und Touristik realisiert und letztlich die Vermarktung in der Touristinformation gebündelt. Der Freizeitpark „mini-a-thür“ oder die Sommerrodelbahn mit einer Länge von knapp einem Kilometer sind zwei touristische Highlights der Bergstadt im Wartburgkreis. Mit den Einbrüchen durch die Corona-Krise ist Ruhla 2020 allerdings in Haushaltnotlage geraten und musste zügig ein Haushaltssicherungskonzept erstellen. Dabei wurde die Stadt von der Kommunalberatung der Thüringer Aufbaubank unterstützt. Das Konzept samt Maßnahmenplan wurde letztlich gemeinsam mit dem Haushalt 2021 verabschiedet. Im #TABinterview mit Bürgermeister Dr. Gerald Slotosch fragen wir nach, was seitdem alles passiert ist.
zur Website der Bergstadt RuhlaWir haben gemeinsam mit der Thüringer Aufbaubank etwa neun Monate, von September 2020 bis Mai 2021, ein Haushaltssicherungskonzept erarbeitet. Darin waren rund 51 Maßnahmen aufgelistet. Im Mai 2021 wurde das Haushaltssicherungskonzept beschlossen und die Maßnahmen sind dann in den Haushaltsplan eingeflossen, der im Juni 2021 verabschiedet wurde. Seitdem geht es darum, die Maßnahmen entsprechend umzusetzen und das Konzept fortzuschreiben.
Ein Ziel von Haushaltssicherung ist ja immer Einsparpotentiale zu finden. So wurden alle Aufgaben einer Kritik unterzogen, sowohl Pflichtaufgaben wie zum Beispiel die Finanzverwaltung oder das Ordnungsamt, als auch alle freiwilligen Aufgaben, wie beispielsweise der Betrieb von Sportstätten, von kulturellen oder öffentlichen Einrichtungen. Man denkt ja immer, dass im Rahmen eines solchen Konzepts eher Stellen gestrichen werden. Wir brauchten hingegen mehr Personal in der Finanzverwaltung, um die Umwandlung von DDR-Pachtverhältnissen sowie die Änderungen laut Grundsteuerreform und Umsatzsteuerreform fachgerecht vorbereiten und realisieren zu können, oder mehr Personal in der Ordnungsverwaltung, um hier die Sachbearbeitung zu verbessern. Wir haben uns aber auch bewusst gegen Stellenstreichungen im Freiwilligenbereich entschieden, was z.B. die Bibliothek oder die Touristinformation angeht. Denn ein Ziel war ja, den Status als staatlich anerkannter Erholungsort zu erhalten, wozu diese Einrichtungen notwendig sind.
Allerdings haben wir im Bereich der freiwilligen Leistungen viele Zuschüsse und Mittel für kulturelle Veranstaltungen oder Städtepartnerschaften oder zur Projektförderung von Vereinen gekürzt. Da haben wir also gespart.
Ein weiteres Ziel waren aber auch Einnahmepotenziale zu finden. So wurden sämtliche Entgelte sowie Beiträge und Gebühren geprüft. Z.B. wurden nach über 10 Jahren die Sondernutzungsgebühren angepasst, die Bibliotheksnutzungsentgelte oder die Mieten für Veranstaltungsräume erhöht. Zudem wurden auch Betreibermodelle für einige Einrichtungen entwickelt, so dass diese mit Bewirtschaftung durch Vereine weiter genutzt werden konnten. Dafür mussten wir zum Beispiel bei den Zuschüssen für Vereine nicht sparen. Die Vereinsarbeit ist das Rückgrat unserer Gesellschaft, da wollten wir auch nicht kürzen.
Wir haben uns auch eine Investitionsstrategie auferlegt, denn ein weiteres Ziel war Einsparpotenziale durch Investitionen zu generieren. Dazu zählen verschiedene Maßnahmen in die Energieeffizienz. In einem unserer Kindergärten haben wir zum Beispiel in die Wärmeversorgung investiert, in dem der Heizkessel jetzt mit Brennwertsteuerung erneuert wurde. Für den Kindergarten wird auch noch eine Photovoltaik-Anlage angeschafft, um durch Eigenversorgung einen Teil der Stromkosten zu reduzieren. Auch bei einem von Vereinen genutztem Gebäude ist das denkbar. Das prüfen wir im Moment. Eine weitere Maßnahme ist die weitere Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtmittel. Das ist ein Erfolgsprojekt, denn damit konnten wir deutlich Strom sparen. Letztlich senken all diese Investitionen die Bewirtschaftungskosten für die Gebäude bzw. die Straßenbeleuchtung, entlasten somit den Verwaltungshaushalt und wirken langfristig haushaltskonsolidierend.
–Wir haben 2022 Fördermittel aus dem Programm „KlimaInvest“ erhalten, womit wir weitere 100 Leuchtpunkte entlang der Straßen auf LED-Leuchtmittel umstellen konnten. Ohne diese Maßnahmen hätten wir bei den derzeit explodierenden Energiepreisen erhebliche Mehrkosten. Was wir an dieser Stelle sparen, können wir in neue Solar- und Wärmetechnik investieren.
Wir haben 2022 Fördermittel aus dem Programm „KlimaInvest“ erhalten, womit wir weitere 100 Leuchtpunkte entlang der Straßen auf LED-Leuchtmittel umstellen konnten. Ohne diese Maßnahmen hätten wir bei den derzeit explodierenden Energiepreisen erhebliche Mehrkosten. Was wir an dieser Stelle sparen, können wir in neue Solar- und Wärmetechnik investieren. Über KlimaInvest konnten wir 2021 auch eine Studie beauftragen, denn wir haben überlegt, ob wir aus der Entsorgung von Grünschnitt energetische Vorteile ziehen können. Im Ergebnis dieser Studie kam aber heraus, dass der Betrieb der Anlage und der entsprechende Output an Energie für unsere Bedingungen leider nicht wirtschaftlich ist.
Wir haben noch Hausaufgaben zu erledigen, zum Beispiel müssen wir die Weiterleitung der Kosten für den Essenservice an die Eltern noch umsetzen. Diese ursprünglich festgelegte Maßnahme haben wir bei der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes im Jahr 2022 gestrichen, weshalb wir eine Rüge der Kommunalaufsicht kassiert haben. Da müssen wir 2023 nochmal ran.
Zudem gibt es viele kleine Bausteine. Wir haben den Bürobedarf gekürzt, auf digitale Zeitungen umgestellt oder die Tarife für Post- und Fernmeldegebühren umgestellt. Zum Teil stehen dem aber Preissteigerungen entgegen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen. Das müssen wir alles weiter im Blick haben.
Mit den Arbeitspaketen der TAB haben wir eine gute Handlungsanleitung gehabt. Wir konnten mit den vorbereiteten Werkzeugen lösungsorientiert arbeiten. Und natürlich hat uns auch der Kontakt und das Know-how der TAB-Berater sehr geholfen. Bis zum Abschluss des Konsolidierungskonzeptes hat uns die Thüringer Aufbaubank umfassend beratend unterstützt. Es ist ein zäher Kampf, aber wir gehen das an, um im Jahr 2025 aus der Haushaltskonsolidierung herauszukommen.
(Stand: Februar 2023)
Für das TAB-Magazin mit dem Schwerpunkt: Kommunalwirtschaft haben wir den Ruhlaer Bürgermeister im Jahr 2022 schon mal besucht. Vor welchen Herausforderungen er damals stand, erzählt er im Magazin.
MEHR ERFAHRENWir unterstützen Sie bei der Bedarfsanalyse, einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung oder der Einbindung von Fördermitteln.
Wir bieten Gebietskörperschaften Beratungsleistungen im Rahmen einer Aufstellung oder Fortschreibung eines Haushaltssicherungskonzeptes.