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„Das war rekordverdächtig, wie schnell die TAB da reagiert hat.“
Fachkräfte in Thüringen zu halten – daran ist nicht nur der Politik gelegen, sondern vor allem auch den Unternehmen hier vor Ort. Denn Innovationen brauchen schlaue Köpfe, brauchen wissenschaftliches Know-How und Impulse aus der Forschung. Die TAB bietet mit der sogenannten „FuE-Personal-Richtlinie“ kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, Fachkräfte zu gewinnen, weiterzubilden, auszuleihen oder zu entsenden. Ein Beispiel: Das Thüringen-Stipendium ermöglicht es, Firmenstipendien an Studierende oder Doktoranden zu vergeben. Diese werden mit einem Festbetrag bezuschusst: Es gibt bis zu 1200 Euro monatlich über drei Jahre. Im #TABinterview wollten wir von Thüringen-Stipendiat Philipp Greiner und Unternehmer Gerhard Linß wissen: Wie gut funktioniert das in der Praxis?
Dr. Philipp Greiner
Dr. Philipp Greiner ist 32 Jahre alt und stammt aus Friedrichroda. Er studierte in Schmalkalden und an der TU Ilmenau Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Maschinenbau. Im Rahmen seiner Masterarbeit kam er zur Steinbeis Qualitätssicherung und Bildverarbeitung GmbH (SQB GmbH). Nach dem Abschluss blieb er – und promovierte innerhalb von drei Jahren zum Thema integrierte Managementsysteme. Seit April 2021 ist er fest angestellt im Unternehmen und überführt nun die Ergebnisse seiner Forschung in ein marktreifes Produkt.
Prof. Dr. Gerhard Linß, Jahrgang 1949, ist gebürtig aus Jena und studierte Mess- und Prüftechnik an der Friedrich-Schiller-Universität. Er promovierte und ging danach zu Zeiss als Leiter im betrieblichen Messwesen. Nach der Habilitation auf dem Gebiet der Qualitätsregelung von Präzisionsfertigungen wechselte er an das Technikum Suhl, eine Überleitungs-Forschungseinrichtung der TU-Ilmenau. 1994 wurde er zum Professor für Qualitätssicherung berufen. Seit 2013 ist er Gründer und Geschäftsführer der Steinbeis Qualitätssicherung und Bildverarbeitung GmbH Ilmenau.
Wie sind Sie, Herr Greiner, mit der SQB GmbH zusammengekommen?
Philipp Greiner: Schon für die Masterarbeit suchte ich ein Thema in Richtung Qualitätsmanagement. Hier wollte ich mich spezialisieren, denn ich hatte in diesem Gebiet auch schon Erfahrungen durch Praktika gesammelt. Ich kam dann über das Fachgebiet Qualitätssicherung und industrielle Bildverarbeitung von Herrn Linß zur SQB GmbH. Ich schrieb im Unternehmen meine Masterarbeit zum Thema Umweltmanagement. Nach dem Abschluss erhielt ich das Angebot zur Promotion. Von April 2018 bis März 2021 promovierte ich dann im Unternehmen und war Promotionsstudent an der Fakultät für Maschinenbau der TU Ilmenau.
Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zum Förderprogramm, Herr Linß?
Gerhard Linß: Die Stipendien für Studenten und Doktoranden finde ich sehr gut, weil die Fachkräfte dadurch hier in Thüringen gehalten werden können. Ich finde es auch gut, das durch einen Beitrag der Unternehmen mit zu finanzieren. Auch die Möglichkeit des geförderten Personalaustauschs zwischen Hochschuleinrichtungen und Unternehmen halte ich für sehr sinnvoll. Das wird vermutlich wenig genutzt, weil es wenig bekannt ist.
Es gibt ein adäquates Programm zu den Stipendien, die Graduierten-Förderung des Wissenschaftsministeriums. Das läuft finanztechnisch ähnlich wie das Thüringen-Stipendium. Der Unterschied ist, dass kein Unternehmen gebraucht wird. Danach stehen die Studenten an den Hochschulen Schlange. Aber nur zwei Mal im Jahr tagt die Kommission dafür. Das dauert zu lange. Das ist der Vorteil von dem TAB-Programm. Wenn ein Unternehmen da ist, geht das sehr schnell. Das ist meiner Meinung nach rekordverdächtig bei Förderprogrammen, wie schnell die TAB reagiert. Bei anderen Programmen von anderen Förderinstitutionen dauert es Monate oder sogar Jahre, bis ein Vorhaben bewilligt wird. Da ist das Thema schon längst veraltet. Die Schnelligkeit ist ein entscheidendes Kriterium, um Fachkräfte hier zu binden. Die Studenten laufen sonst weg. Die können nicht ein halbes Jahr oder ein Jahr lang warten, bis eine Kommission tagt. Die müssen sich sozial versorgen mit Geld und einer Arbeitsstelle.
Was war in diesem Fall das Forschungsthema, für welches das Stipendium gewährt wurde?
Philipp Greiner: Das Thema war „Webbasierte integrierte Management- und Auditmanagementsysteme“. In der Regel hat ein Unternehmen ein oder mehrere Managementsysteme, zum Beispiel ein Qualitäts- und/oder ein Umweltmanagementsystem. Hier geht es darum, dass die Qualität von Produkten oder Prozessen aufrechterhalten wird oder dass die Belastung möglichst gering ist, der in der Umwelt verursacht wird. In meiner Dissertation beschäftigte ich mich damit, die Integration solcher Systeme zu untersuchen und wie das besser und effizienter gestaltet werden kann. Die Systeme werden immer spezieller und damit steigt die Anzahl der eingesetzten Managementsysteme in den Unternehmen. Im Rahmen meiner Promotion habe ich einen webbasierten Demonstrator geschaffen, der Synergien gezielt nutzt und damit der Aufwand für die Pflege und die Überprüfung - das sogenannte Audit - reduziert.
Was war der Mehrwert der Dissertation für das Unternehmen?
Gerhard Linß: Es ist ein Prototyp entstanden für ein webbasiertes, integriertes Managementkonzept. Die Studien von Herrn Greiner haben nachgewiesen, dass der Aufwand für die Pflege , das Audit und die externe Zertifizierung um 50 Prozent reduziert werden kann. Und das gilt für jedes weitere Managementsystem, das ein Unternehmen integriert. Wir werden daraus jetzt ein Projekt mit einem Partner generieren, um die Ergebnisse von Herrn Greiner in ein marktreifes Produkt umzusetzen. In einem Jahr werden wir ein fertiges Produkt haben.
Das Stipendium beträgt 1200 Euro im Monat. Sie, Herr Linß, haben freiwillig das Gehalt von Herrn Greiner erhöht. Hat das Stipendium nicht ausgereicht oder waren Sie einfach sehr zufrieden mit ihm?
Gerhard Linß: Wir haben von Anfang an Geld drauf gelegt auf das Stipendium. Wir haben dann festgestellt, dass die Forschungsergebnisse und die Arbeit von Herrn Greiner sehr gut sind und wollten ihm deshalb sein Stipendium erhöhen. Das war nicht so ein einfacher bürokratischer Vorgang (lacht). Im Förderprogramm müssen sie das gut begründen.
Wie viele Stipendiaten hatten Sie insgesamt?
Gerhard Linß: Wir hatten jetzt vier Stipendiaten insgesamt. Einer davon hat die Dissertation nicht abgeschlossen und einer ist noch dabei bis zum Ende der Förderperiode.
Und Sie, Herr Greiner, sind jetzt fest angestellt im Unternehmen, richtig?
Philipp Greiner: Ja, das ist korrekt. Das Stipendium ging bis 31. März 2021 und seit 1. April 2021 bin ich jetzt fest angestellt in Vollzeit.
Gerhard Linß: Herr Greiner wird dann das angesprochene Umsetzungsprojekt inhaltlich bearbeiten.
Philipp Greiner: Das wird mein Schwerpunkt sein, ja. Weiterhin bin ich auch als Berater tätig zum Thema Managementsysteme und Audits. Da konnte ich mir in den letzten Jahren sehr viel Wissen aneignen.
Würden Sie es wieder so machen mit dem Stipendium?
Philipp Greiner: Ja, das würde ich wieder so machen. Klar war es zwischenzeitlich auch mal schwierig, sich für die Promotion zu motivieren. Das kennt man ja. Dann gab es noch etwas Probleme am Anfang mit den Krankenkassenbeiträgen, weil ich nicht als Student gezählt habe. Aber im Nachhinein, ja, würde ich es wieder so machen. Es hat mir sehr viel gebracht für die persönliche Entwicklung und den beruflichen Weg. Und ich hatte auch einfach viel Zeit für die Forschung im Zusammenhang mit meiner Dissertation. Das ist auch so ein Vorteil des Programms: Ich musste nicht wie an der Uni Lehrtätigkeit machen oder Themen betreuen, die mit der Dissertation nichts zu tun haben. Ich hatte auch nicht, wie als Angestellter, vielleicht nur die Hälfte der Arbeitszeit für die Promotion zur Verfügung. Da konnte ich mich schon sehr entfalten.
Gerhard Linß: Man muss sagen, dass wir Herrn Greiner sehr intensiv betreut haben und dass er sehr intensiv geforscht hat. Das ist eigentlich fast eine Ausnahme, innerhalb von drei Jahren zu promovieren. Der Standard im technischen Bereich liegt eher bei vier Jahren. Herr Greiner hat innerhalb der drei Jahre die Promotion abgeschlossen und auch verteidigt. Manchmal muss man allein auf ein Gutachten schon ein Jahr warten und man braucht insgesamt drei davon. Da liegt es am verantwortlichen Hochschullehrer und der Fakultät für Maschinenbau der TU Ilmenau, die Gutachter zügig auszuwählen.